Hans Clauert
Irgendwo im Norden der Mark Brandenburg nähert sich aus dem Mecklenburgischen eine eigenartige Karawane der Zollstation. Breitbeinig stellt sich der Zöllner in den Weg, die Kolonne stoppt.
„Wer seid Ihr, und wohin des Wegs ? „ – Einer der beiden antwortet: „Hans Clauert und sein Gehilfe Fabian Teuerbier beim Viehtransport für unseren gnädigen Landesherrn. „ Der Zöllner schaut aufmerksam auf ein Blatt mit dem kurfürstlichen Siegel und lässt Clauert mit seinem Viehzeug passieren.
Teuerbier, der seine Unruhe kaum verbergen konnte, fragte schließlich: „Sag mal, woher hast du denn das Papier mit dem kurfürstlichen Siegel, dass wir das Vieh zollfrei kriegen ? „ „Bleib ruhig, Junge, denn Zettel habe ich nachts vom Jüterboger Rathaus abgenommen. Es ist eine Aufforderung an junge Rekruten, sich zu melden, hat mit Viehtransport nichts zu tun. Aber hast du schon mal einen preußischen Zöllner gesehen- vor allem in dieser Gegend – der richtig lesen und schreiben konnte ? Du siehst ja, es hat geklappt. „ Teuerbier wischte sich den Angstschweiß von der Stirn und murmelte: „Was bist du doch für ein geriebener Kerl !"
Diese Geschichte ist frei erfunden, passt aber zu Clauert, dem märkischen Eulenspiegel, der 2006 seinen 500! Geburtstag feierte. Seine Heimat ist Trebbin und sein eigentliches Wirkungsfeld die Gegend um Treuenbrietzen, Jüterbog und Luckenwalde. In Trebbin erblickte er das Licht der Welt – 1506 und hier starb er auch 1566 an der Pest. Sein Leben war geprägt vom ständigen Suchen nach ein paar Groschen, um sich hin und wieder den edlen Genüssen der Zeit hingeben zu können: Schinken und Wein, Wein und Schinken, wenigstens dann und wann.
Mit Witz und Geschick und verminderter Hochachtung vor den großen Herren steckte er seinen Mitbürgern ein Licht auf. Frisch, frech und frivol gelang es ihm nicht nur von den Großen gehört zu werden, sondern in der Regel auch ungestraft, zumindest nicht nachhaltig. Seine Gefängnisaufenthalte blieben begrenzt, körperliche Strafen ebenso.
Bald war er auch in Cölln, Spandau und Berlin bekannt, sogar beim Kurfürsten Joachim II. Der einzige Ort, den er im Nordwesten Brandenburgs aufgesucht hat, war Sewekow. Auch wegen der Viehtransporte – insofern passt unsere Eingangsgeschichte – sondern auch anderer Dinge wegen, wie die folgende Geschichte zeigt.
Es ist die 12. von 36 überlieferten und sie spielt in Sewekow!
Als er eines Tages in dieses Dorf kommt, ist gerade der Pfarrer gestorben. Man sucht einen neuen. Und Clauert, der mit seinem Freund und Gehilfen Teuerbier in der Dorfwirtschaft weilt, erweckt den Eindruck geballter Frömmigkeit, weil er in einem heiligen Buch herumblättert. Die Sewekower, von übertriebener Sparsamkeit angestachelt, halten Clauert frei, denn sie wollen auf leichte und billige Art einen Pfarrer gewinnen. Clauert und Teuerbier lassen es sich schmecken... Als beide am nächsten Morgen verkatert erwachen und Clauert seine Probepredigt halten soll, ist es höchste Zeit, sich davonzumachen. So werden die Sewekower für ihren Geiz bestraft. Wir finden die Geschichte gleich aus mehreren Gründen symphatisch. Es kommt niemand wirklich zu schaden, Handlungsort ist ein Dorf unserer Region und Clauert ist schon deshalb in Ordnung, weil er das tut, was viele in den Grenzdörfern auch taten: Schmuggeln was das Zeug hält.